Schweizer Filme sind international vielleicht nicht so bekannt wie Schweizer Schokolade oder Schweizer Käse. Das sollte sich ändern! Alte wie neuere Schweizer Filme haben innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen immer wieder berechtigte Auszeichnungen erhalten und ein großes Publikum in die Kinos gelockt. Dabei geht es in der Regel eben nicht um romantische Bergidylle. Schweizer Filmemacher betrachten ihr Land fast immer auch durch eine sozialkritische Linse, allerdings immer mit Sympathie für ihre Landsleute. Wer in die wirkliche Schweiz und ihre Filmszene eintauchen möchte, kann mit diesen sechs Filmen nichts falsch machen. Vom Dokumentarfilm bis zum Abenteuer für Kinder ist für jeden etwas dabei.
- Romeo und Julia auf dem Dorfe
- Wir Bergler in den Bergen
- Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.
- Die Schweizermacher
- Die Herbstzeitlosen
- Schellen-Ursli
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1. Romeo und Julia auf dem Dorfe
Die Schweizer Version der tragischen Liebesgeschichte von Shakespeare geht auf Gottfried Keller zurück und stammt aus dessen Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla aus dem Jahr 1856. Der Schweizer Dichter und Politiker verlagert den Streit der Familien aus dem reichen Mantua in die ärmliche Welt zweier Schweizer Bergbauern. Die filmische Umsetzung aus dem Jahre 1941 hatte einen schlechten Start beim Publikum, begeisterte aber von Anfang an die Kritiker durch die gelungene Zeichnung des typisch schweizerischen Milieus und als einer der besten Schweizer Filme. 2023 feierte eine aufwändig überarbeitete Version auf der Berlinale Premiere.
2. Wir Bergler in den Bergen
Der Plan zu einem Film über die Gebirgsregion im Kanton Uri, in der Filmemacher Fredi M. Murer aufwuchs, entstand während eines einjährigen Aufenthaltes in London. Die ethnologische und kulturkritische Studie lässt in drei Teilen die Bewohner auf Schweizerdeutsch selbst zu Wort kommen und malt 1971 in poetischen Bildern in Wir Bergler in den Bergen ein Zeitzeugnis vom Zusammentreffen des Ur- und Überzeitlichen der Schweizer Bergwelt mit der Moderne.
3. Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.
Diesem Dokumentarfilm aus dem Jahre 1976 kommt eine Schlüsselrolle für den neuen Schweizer Film zu. Er ist eine der ersten Produktionen, in denen die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs aufgearbeitet werden. Die Erschießung des Soldaten Ernst Schrämli, der während des Kriegs Waffen und Pläne an einen deutschen Offizier herausgegeben hatte, gerät zu einem sozialkritischen Stück über den Umgang mit der Arbeiterklasse, dessen Essenz der Historiker Edgar Bonjour in dem bedeutungsvollen Wort “De Chliner hanget ehnder als der Grösser” (sinngemäß: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen”) auf den Punkt brachte. Der Film löste eine Kontroverse aus. Lob und Auszeichnungen riefen den Widerstand Schweizer Politiker auf den Plan, der in juristischen Schritten gegen bestimmte Passagen gipfelte.
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4. Die Schweizermacher
Die Schweizermacher aus dem Jahr 1978 zeichnet die Absurditäten von Bürokratie und Spießbürgertum rund um die schweizerische Einbürgerungspraxis nach. Anstoß zu der Auseinandersetzung mit dem Thema gaben die vier Schwarzenbach-Initiativen der 1970er Jahre. Noch 2013 galt “Die Schweizermacher” als erfolgreichster Schweizer Film aller Zeiten. Der relativ alte Schweizer Film besitzt vor dem Hintergrund der aktuellen Mobilität und Migrationsbewegungen auch heute noch eine ungebrochene Anziehungskraft.
5. Die Herbstzeitlosen
Wenn eine 80-jährige Dorfladenbesitzerin nach dem Tod ihres Mannes den Sinn des Lebens in der Eröffnung einer Lingerie-Boutique findet und Unterstützung bei ihren Freundinnen sucht, kommt dabei ein tragisch-komisches Meisterwerk heraus, das unter der Regie der Schweizerin Bettina Oberli zur erfolgreichsten Produktion 2006 wurde. Die Herbstzeitlosen gehört ganz klar auf die Bestenliste und kann im Rang durchaus neben Schweizer Klassikern wie Die Schweizermacher bestehen.
6. Schellen-Ursli
Im Schellen-Ursli wird das gleichnamige Bilderbuch von Selina Chönz und Alois Carigiet aus dem Jahr 1945 zu einem eindrucksvollen und typisch Schweizer Leinwandabenteuer über den jungen Uorsin (rätroromanisch für Urs), der beim traditionellen Chalandarmarz-Umzug nicht mit der kleinsten Glocke teilnehmen möchte und deshalb allen Gefahren trotzt, um sich die größte Glocke aus der Almhütte Maiensäß zu holen. Der Film aus dem Jahr 2015 baut die um 1900 angesiedelte Geschichte weiter aus und muss sich – ausgezeichnet mit mehreren Preisen – nicht hinter der berühmten Vorlage verstecken.
Zwischen Gesellschaftskritik und Bergidylle: Die besten Schweizer Filme
Schweizer Filme sind genauso außergewöhnlich wie das Land selbst. In alten wie in neueren Schweizer Filmen spielt die nicht immer idyllische Bergwelt ebenso eine bestimmende Rolle wie die politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten des neutralen Landes mit den verschiedenen Kulturen. Welcher der beste Schweizer Film ist, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. In jedem Fall lohnt sich das Eintauchen in die Schweizer Filme ebenso zum Deutschlernen wie zur Begegnung mit der besonderen Schweizer Kultur.