Konkurrenz unterm Tannenbaum: Der Unterschied zwischen Christkind und Weihnachtsmann

Konkurrenz unterm Tannenbaum: Der Unterschied zwischen Christkind und Weihnachtsmann

Von Sandra Köktaş
Aktualisiert am 14.04.2023

Der Unterschied zwischen dem Christkind und dem Weihnachtsmann ist sowohl ein geografischer als auch ein religiöser. Im katholischen Süden und Westen Deutschlands bringt meist das Christkind die Geschenke, im Norden und Osten kommt der Weihnachtsmann. Warum die Katholiken das Christkind und die Protestanten der Weihnachtsmann besucht, hat seinen Grund in der Geschichte. Und die geht verschlungene Wege. Hier erfährst du, wie die protestantische Erfindung des engelsgleichen Christkindes bei den Katholiken beliebt wurde, der Weihnachtsmann nach dem Vorbild des Heiligen Nikolaus die Protestanten für sich gewann und was Coca-Cola mit all dem zu tun hat. Wichtig ist aber am Ende nur eines: Wer bringt die Geschenke an Weihnachten?

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Wer bringt die Geschenke an Weihnachten?

“Morgen kommt der Weihnachtsmann.” So heißt es jedenfalls in dem beliebten Weihnachtslied. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn je nachdem, wo du lebst, wartest du vergeblich auf den dicken Mann im roten Anzug. Weihnachtstraditionen sehen in jedem Land anders aus. In Russland zum Beispiel bringt Väterchen Frost die Geschenke, in Finnland der Julbock und die Dänen bauen dem Wichtel Julenisse eine eigene kleine Eingangstür. Und dann ist da noch der “Weihnachtsgraben”, der die deutschsprachigen Länder zur Weihnachtszeit spaltet. Auf der einen Seite dieser sprachwissenschaftlichen Grenze kommt der Weihnachtsmann, auf der anderen das Christkind. 

Wo kommt das Christkind?

In Österreich und der deutschsprachigen Schweiz kommt das Christkind, in Deutschland macht ihm der Weihnachtsmann seine Aufgabe strittig. Das Christkind ist eher im katholischen Süden und Westen Deutschlands anzutreffen, der Weihnachtsmann übernimmt meistens im protestantischen Norden und Osten. Ob bei dir der Weihnachtsmann oder das Christkind kommt, hat also mit der Religion zu tun. Aber welcher Unterschied macht den Weihnachtsmann für die Protestanten und das Christkind für die Katholiken zuständig? 

Was hat der Weihnachtsmann mit dem Christkind zu tun?

Der Weihnachtsmann ist im Grunde ein Gegenentwurf zum Christkind. Das aber war zuvor der Gegenentwurf zum Heiligen Nikolaus, auf den der Weihnachtsmann zurückgeht. Alles klar? Um zu verstehen, warum hier das Christkind Geschenke bringt und dort der Weihnachtsmann, musst du einen Blick in die Geschichte werfen. 

Am 6. Dezember ist Nikolaustag

Nikolaus von Myra war um 300 n.Chr. ein Bischof der katholischen Kirche in der heutigen Türkei und für seine Barmherzigkeit bekannt. Unter anderem schenkte er drei armen Mädchen eine Mitgift, damit sie heiraten konnten und nicht auf der Straße leben mussten. Seit dem katholisch geprägten Mittelalter brachte der Heilige Nikolaus deshalb am 6. Dezember den Kindern Geschenke. 

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Luther, der Heilige Christ und der 24. Dezember

Im 15. Jahrhundert wandte sich Martin Luther von der katholischen Kirche ab und gab den Anstoß zu Reformation und Protestantismus. Da er sich an der Heiligenverehrung störte, konnte nicht mehr der Heilige Nikolaus die Geschenke bringen. Stattdessen wurde der Heilige Christ zum Überbringer der Geschenke. Außerdem brachte er sie an einem anderen Tag, nämlich anlässlich seiner Geburt, in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember, also an Weihnachten. Die Katholiken hingegen hielten weiterhin am Heiligen Nikolaus fest.

Warum bringt das Christkind Geschenke?

Den Heiligen Christ konnten sich nur wenige Menschen bildlich vorstellen. Deshalb nahm das Christkind in der protestantischen Weihnacht ziemlich schnell seine Stelle ein. Für himmlische Kindergestalten gab es nämlich ein Vorbild aus der Kunst. Hier zeigen sich Engel schon sehr früh als schöne Jünglinge, später erhalten sie dann Flügel, ab dem 19. Jahrhundert begegnen uns weibliche Engel. In dieser Zeit wurde das Christkind auch bei den Katholiken beliebt und verdrängte den Heiligen Nikolaus als Geschenkebringer auf den zweiten Platz.

Auftritt des Weihnachtsmanns

Ab dem 18. Jahrhundert half ein strenger Weihnachtsmann dem Christkind dabei, die braven Kinder an Weihnachten zu beschenken. In einer Zeit, die sich immer mehr von der Kirche abwandte und auf das Private blickte, lief der Weihnachtsmann dem Christkind schnell den Rang ab. Gerade bei den Protestanten fand diese Veränderung großen Anklang, sodass schon bald die Protestanten vom Weihnachtsmann, die Katholiken vom Christkind beschenkt wurden. Das Vorbild für die Figur des Weihnachtsmanns fand sich – ganz unprotestantisch – im Heiligen Nikolaus. Deswegen trägt der Weihnachtsmann zunächst noch die Bischofsmütze und einen Pelzmantel. 

Coca-Cola verschafft dem Weihnachtsmann einen Vorteil

In den 1930er Jahren verpasste Coca-Cola dem strengen Erzieher dann für eine Werbekampagne den roten Anzug und einen freundlichen Auftritt mit “Hohoho” und “Merry Christmas”. Von Amerika aus eroberte er die ganze Welt und ist in englischsprachigen Ländern das Weihnachtssymbol schlechthin. Über Filme und Weihnachtsdekoration fand er den Weg auch in fast alle deutschen Wohnungen. Die Geschenke aber darf vor allem im Süden und Westen des Landes immer noch das Christkind bringen.


Weihnachtsmann oder Christkind

Der Unterschied zwischen Christkind und Weihnachtsmann ist ursprünglich religiöser Natur. Wo das Christkind kommt, leben vor allem Katholiken, der Weihnachtsmann besucht eher die überwiegend protestantischen Gebiete Deutschlands. Warum in manchen Gegenden das Christkind die Geschenke bringt und in anderen der Weihnachtsmann, ist heute allerdings eher eine Sache des Sprachgebrauchs oder der persönlichen Präferenz. Wer bringt bei dir die Geschenke an Weihnachten? Vielleicht legen Weihnachtsmann oder Christkind dieses Jahr noch einen Deutschkurs dazu …


Sandra Köktaş

Sandra lebt mit ihren Kindern, Hund und Katze in Istanbul. Als Geschichtswissenschaftlerin fühlt sie sich hier besonders wohl. Tagesausflüge zu den Sehenswürdigkeiten der türkischen Metropole sowie Roadtrips durch die Türkei und die Nachbarländer halten das Leben spannend. Ihre Liebe zu Sprachen hat sie auch bei ihrer Berufswahl berücksichtigt und schreibt als freiberufliche Texterin zu ihren Lieblingsthemen. Dazugehören auch unsere vierbeinigen Freunde, auf die sich mit dem Projekt Content rund ums Tier konzentriert.

Sandra Köktaş

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